Kensi's Zimmer

Gelangweilt lag Kensi mit hinter dem Kopf verschränkten Armen auf ihrem Bett und sah an die Decke. Ihre Gedanken ließ sie schweifen, doch sie kehrten immer und immer wieder zurück zu Fragen, die sie sich schon seit längerer Zeit stellte.
Sie hatte weder den kleinen Fernseher, noch Musik an, so dass sie in völliger Stille dalag und nachdachte.
Ihr war langweilig, sie wollte etwas unternehmen, doch was?
Es regnete draußen leicht und es war sehr nebelig, was sie auf die Idee brachte, dass sie doch Lúc Taylor, einen "Bekannten" von ihr besuchen könnte; doch wenn die anderen Werwölfe mitbekämen, dass sie sich mit einem Vampir, wenn auch "vegetarischer" Art, traf, wäre die Hölle los. Und ... Lúc hatte ohnehin besseres zu tun, als sich mit einem, vom äußerlichen her, 2 Jahre jüngeren Mädchen zu treffen.
Kensi schüttelte den Kopf und versuchte ihre Gedanken von ihm auf etwas anderes zu lenken.

Das Wetter war genau richtig für seinen Plan. Leise landete er aus Kensis Fensterbrett. Selbstverständlich hatte sie die Fenster bei diesem Wetter nicht auf. Er schielte durch ihre Schalusienen. Sie lag auf ihrem Bett und sie sah ziehmlich gelangweilt aus. Was sollte sie auch groß machen, wo es doch momentan niemanden zu jagen galt. Dennoch, sie konnte ein sehr viel normaleres Leben führen als er. Ihr sah man nicht an dass sie ein Werwolf war. Im Gegenteil Lúc empfand sie als ausgesprochen hübsch.
Leise, doch grade laut genug damit sie's hören konnte klopfte er an ihr Fenster.

Kensi vernahm das leichte und leise Klopfen an ihrer Fensterscheibe und drehte den Kopf, nur um dann Lúc ins Gesicht zu blicken. Ein Grinsen machte sich auf ihrem Gesicht breit; sie konnte nicht umhin, glücklich über sein Auftauchen zu sein.
Schneller als ein normaler Mensch es geschafft hätte erhob sie sich von ihrem Bett und war am Fenster angelangt. Sie öffnete dieses und ließ den "Jungen" herein.
"So langsam glaube ich, dass du nicht nur Gefühle wahrnehmen, sondern Gedanken lesen kannst.", begrüßte sie ihn und trat zur Seite, damit er sie nicht umstieß beim Einsteigen.
Natürlich konnte Lúc keine Gedanken lesen, soweit war sie sich sicher, aber was diese Gabe angesichts der Gefühle betraf, so hatte sie mit unter Probleme damit, denn ab und an fühlte sie sich recht unbehaglich in seiner Nähe; so wie jetzt, nachdem sie zuvor noch an ihn gedacht hatte.

Er lächelte leicht, als er sah das sie sich freute ihn zu sehen. Das hatte er gehofft. Auch wenn er sich nicht sicher gewesen war. "Nein, das kann ich wahrlich nicht. Diese Gefühlsempfindun geht mir ja schon auf die Nerven. Du weißt garnicht wie das einen bei der Arbeit behindern kann!", er sprach recht kühl über seine Abneigung gegen Gefühle. Kensi kannte ihn gut genug um zu wissen das seine Kühlheit in solchen Dingen nichts mit ihr zu tun hatte. Auch wenn er ihr nie seine wahren Gefühle für sie genannt hatte. "Ich war grad in der Gegend, weil ich nach einer Spur von Scarlett gesucht habe. Aber es scheint als wäre sie mal wieder nicht auffindbar für mich. Es wird Zeit dass ich ihr Haus finde." Lúc war leicht Füßig ins Zimmer gesprungen, setzte sich jedoch nicht. Erstens stand er meist lieber und zweitens war sein Mantel, obwohl der Regen nicht stark war, nass.
"Ich hoffe ich störe nicht!"

"Stören? Du?" Kensi klang vorwurfsvoll. "Immer doch."
Sie setzte ihr übliches Grinsen auf und beließ es dabei, das Fenster auf Kipp zu schließen und ihm keinen Platz anzubieten. Sie wusste, dass er lieber stehen wollte.
"Nein, im Ernst.", meinte sie gelassen, "Du kommst eigentlich im richtigen Moment. Ich war dabei mir zu überlegen, wie ich am besten vor Langeweile durchdrehen sollte."
Seine Worte bezüglich Scarlett versetzten ihr einen leichten Stoß und sie musste schlucken, obwohl sie sich nichts anmerken lassen wollte.
"Scarlett.", murmelte sie um einiges kühler als sie vorhatte, "Diese eine Vampirin, oder?"
Sie mochte die meisten Vampire nicht; Lúc war eine Ausnahme.

Er nickte. Mehr gab es zu Scarlett nicht zu sagen. Sie und er waren seit zahlreichen Kämpfen verfeindet. Sie war eine jener Vampiere die Menschen umbrachten und bissen. So wie er einzt gebissen und seine Geliebte getötet worden waren. Darum hasste er sie, sie und alle anderen Vampiere. Außer jene die so dachten wie er. Doch selbst jenen konnte er nur schwer vertrauen.
"So", sagte er um zu einem erfreulicheren Thema zurück zu kehren. "Ich soll dir also die Langeweile vertreiben. Wie sollen wir das anstellen? Worauf hätts du denn lust?" er lächelte sie an. Ein lächeln dass nur ihr vergönnt war. Ihr und keiner anderen.

"Tja.", gab Kensi seufzend von sich, "Das ist eben die Frage."
Sie zuckte ratlos mit der Schulter und nahm den Blick von ihm, um sich wieder auf ihr Bett fallen zu lassen und von dort aus ihn sitzend zu beobachten.
"Bei diesem Wetter kannst du dich zumindest draußen sehen lassen.", meinte sie mit ruhiger Stimme, "Aber sobald die anderen Werwölfe mitbekommen, dass ich mit dir rumhänge, ist die Hölle los. Du weißt schon ... von wegen Feind und so."

"Das ist seltsam, ich spüre ihre Gefühle und Stimmungen und trotzdem kann ich es nicht verstehen. Ich kämpfe doch für euch. Alle Vampiere wissen dass ich ein 'Verräter' bin. Langsam dürfte sich dass doch auch zu deinen Artgenossen rumgesprochen haben oder?" , seine Stimme war ruhig, kein Anflug von Trauer oder wärme. Lúc empfand für Kensis Artgenossen nichts. Weder Hass noch Sympathie. Die wenigen Wesen denen er traute hatten sich dies durch ihre Taten und Kämpfe verdient nicht dadurch dass sie einer speziellen Spezies angehörten. "Wir könnten ein wenig trainieren!", schlug er tonlos vor. Er hatte selbst zwar relativ wenig elan und mochte nicht gegen Kensi kämpfen, aber es sah sie gern kämpfen. Sie war wirklich gut. Außerdem hoffte er sie so vor dem Schicksal bewahren zu können, dass seine Geliebte vor über 500 Jahren ereilt hatte.

"Du bist ein Vampir.", erinnerte sie ihn, "Allein diese Tatsache spricht für den Standpunkt der anderen. Es mag vielleicht Symphatisanten zwischen den anderen geben, aber diese würden es alleine wegen denen, die die Abneigung offen zeigen, nicht zugeben."
Darum habe ich dich doch bisher auch noch nicht "offen" den anderen vorgestellt., fügte Kensi in Gedanken hinzu.
"Ja.", stimmte sie seinem Vorschlag zu, "Dann kann ich dir zeigen, was ich trainiert habe."
Sie war fast augenblicklich Feuer und Flamme für seinen Vorschlag und liebte es, gegen Lúc zu kämpfen, der im eigentlichen Sinne schneller und stärker als sie war, aber mit dem sie durchaus mitziehen konnte.
"Dann sollten wir aber zu dir.", meinte sie, "Du hast zumindest einen Ort zum Trainieren."
Sie empfand die gemeinsamen Trainingseinheiten als viel zu kurz und viel zu selten angesetzt und hatte häufig das Gefühl, dass er Rücksicht darauf nahm, dass sie erstens ein Mädchen und zweitens nicht unsterblich war, doch ab und an schaffte sie es, dass er in die Vollen ging und sie wesentlich stärker und schneller angriff. Diese Momente liebte Kensi im Training am meisten, sie trainierte gerne mit ihm, ahnte allerdings, dass diese wenigen Trainingseinheiten irgendeine Art Hintergedanken bei ihm hatten; dass es dabei allerdings um seine ehemalige "Gefährtin" ging, ahnte sie nicht. Sie kannte die Geschichte auch kaum, Lúc hatte sie höchstens ein- bis zweimal erwähnt und Kensi hatte es vorgezogen, ihn nicht auf seine Vergangenheit anzusprechen, ebenso wie sie ungern über ihre eigenen Kindheitsjahre sprach ... oder zumindest über die Geschenisse kurz nach ihrem elften Geburtstag.

"Du bist ein Vampir.", erinnerte sie ihn, "Allein diese Tatsache spricht für den Standpunkt der anderen. Es mag vielleicht Symphatisanten zwischen den anderen geben, aber diese würden es alleine wegen denen, die die Abneigung offen zeigen, nicht zugeben."
So wie du, dachte Lúc. Er wusste dass er Kensi in Gefahr brachte wenn er bei ihr war. Sowohl war sie so in noch stärkerer Gefahr von seinen Artgenossen angegriffen zu werden als auch in die Gefahr von ihren eigenen Artgenossen verstoßen zu werden. Er sollte sie in Ruhe lassen, doch er konnte es nicht. Um so wichtiger war es hart mit ihr zu trainieren. Damit ihr nichts geschah sollte sie angegriffen werden.

"Ja." "Dann kann ich dir zeigen, was ich trainiert habe." Sie klag begeistert und Lúc musste lächeln. Sie war einfach ein unglaubliches Mädchen. Sie war stärker als die meisten Werwölfe denen er begegnet war. Nicht unbedingt körperlich stärker, aber ihr Wille war sehr stark.
Vielleicht war es heute an der Zeit zu testen wie weit sie wirklich war. Er würde erst aufhören mit ihr zu trainieren wenn sie gegen ihn gewann wenn er seine volle Kraft einsetzte. Erst dann konnte er sicher sein dass sie nicht in Gefahr war.

"Dann sollten wir aber zu dir.", meinte sie, "Du hast zumindest einen Ort zum Trainieren."
"Ja, das stimmt. Mit einem einfachen Raum kommen wir längst nicht mehr aus. Am besten wäre es wenn wir einmal draußen trainieren, aber das machen wir erst wenn ich weiß wo Scarlett ist!" , er sagte es mehr zu sich selbst als zu Kensi.
"Dann sollten wir uns mal auf den Weg machen!", sagte er nun wieder direkt an sie gewannt.
Er sprang wieder auf die Fensterbank.

"Was dagegen, wenn ich die Haustür nehme?", fragte Kensi grinsend, als Lúc auf die Fensterbank sprang, "Ich würde nämlich gerne noch diese abschließen und das Fenster gänzlich schließen."
Sie erhob sich, schob den Vampir dann nach draußen und schloss das Fenster, ohne auf eine Reaktion von ihm zu achten, dann gab sie ihm durch Handzeichen zu verstehen, dass sie sich gleich sofort draußen treffen würden.
Vielleicht ist das Glück uns mal hold und niemand begegnet uns auf der Straße. Dann kann ich einfach mit ihm rumlaufen.
So schnell wie es nur irgendmöglich war, rannte sie in den Flur, zog sich dort ihre Schuhe an, schnappte sich ihren Hausschlüssel und verließ das Haus, dann schloss sie die Haustür ab und machte sich auf die Suche nach Lúc, um mit ihm zu seinem Haus zu gehen.